Frauenarmut: Die unsichtbare Realität

NICHT NUR AN EINEM TAG, SONDERN AN 365 TAGEN IM JAHR

Armut ist kein abstraktes gesellschaftliches Konstrukt: Hinter Armut stehen Menschen, und jede:r von ihnen hat seine eigene Geschichte zu erzählen. Anlässlich des diesjährigen „Internationalen Tags für die Beseitigung der Armut“ am 17. Oktober 2024 durfte CAPE 10 zum zweiten Mal in Zusammenarbeit mit dem Tageszentrum Obdach Ester gratis Haarschnitte sowie Maniküren für obdach- und wohnungslose Frauen anbieten.

Neben anderen Sozial- und Gesundheitseinrichtungen befindet sich im Erdgeschoss von CAPE 10 ein Tageszentrum für obdach- und wohnungslose Frauen. Obach Ester bietet diesen Frauen an 365 Tagen im Jahr einen sicheren Ort sowie die Möglichkeit zu duschen, zu kochen, Wäsche zu waschen, sich auszuruhen und untereinander auszutauschen. Zudem werden mit Beratungen und Sozialarbeit Wege aus der Obdachlosigkeit aufgezeigt. „Nach dem positiven Feedback unserer „Gratis-Beauty-Aktion“ im letzten Jahr war für uns schnell klar, dass wir wieder mit Obach Ester zusammenarbeiten möchten. Auch in diesem Jahr war es ein sehr besonderes Erlebnis, uns mit den Frauen auszutauschen und zu sehen, wie gut es ihnen tut, einen Teil ihrer Geschichte mit uns zu teilen“, so CAPE 10 Geschäftsführerin Silvia Bruni.

Armut hat viele Gesichter
„Eine der Frauen erzählte uns von psychischen Gewalterfahrungen in ihrer Partnerschaft und davon, dass sie sich ein neues sowie selbstbestimmtes Leben aufbauen möchte. Derzeit sucht sie Unterkunft und Schutz in Einrichtungen, wo nur Frauen Zugang haben, da sie sich dort am sichersten fühlt. Sie berichtete uns, dass sie sehr dankbar über eine gratis Maniküre ist, da sie in dieser Woche einen Vorstellungstermin beim AMS hat und sich mit schön gemachten Nägeln selbstbewusster fühlt“, so Elfriede Wittberger, Leitung Sozialprojekte bei CAPE 10.

Armut ist ein komplexes, globales Problem mit vielfältigen Ursachen und Auswirkungen. Österreichweit sind über 1,5 Millionen Menschen akut von Armut bedroht.1 Die EU-SILC Zahlen aus 2023 zeigen, dass 18% der Frauen in Österreich als armuts- oder ausgrenzungsgefährdet gelten. Männer haben ein geringeres Armuts- oder Ausgrenzungs-Gefährdungsrisiko als Frauen. Dies sind alarmierende Zahlen – vor allem wenn man bedenkt, dass Österreich das fünft reichste Land der EU ist.2 Armut hat viele Gesichter und jede Geschichte der betroffenen Menschen ist so einzigartig wie sie selbst.

Hände erzählen Geschichten
CAPE 10 Geschäftsführerin Silvia Bruni reflektiert, nachdem sie vielen Frauen die Nägel lackiert hat: „Sich schön und gepflegt zu fühlen ist für jede Frau bedeutsam, unabhängig von ihrer Herkunft oder Lebenssituation. Die Hände dieser Frauen erzählen viele Geschichten. Sie offenbaren die Spuren harter Arbeit, Kälte, Schmutz, Gewalt und Mangel an Pflege sowie Fürsorge. Heute durften wir ihre Hände berühren und pflegen und ihnen damit ein Lächeln aufs Gesicht zaubern. Dafür sind wir dankbar!“.

Obwohl wir durch unsere Arbeit in CAPE 10 tagtäglich mit armutsbetroffenen Menschen zu tun haben, führen uns die Geschichten, die diese Frauen zu erzählen haben, die harte Realität, welcher viele Menschen Tag für Tag ausgesetzt sind, einmal mehr vor Augen. Institutionen wie Obdach Ester und CAPE 10 versuchen, armutsbetroffenen Menschen Wege aus der Armut aufzuzeigen und dort anzusetzen, wo Hilfe dringend benötigt wird. Denn für von Armut betroffene Menschen gilt jeder Tag im Jahr als Tag der Armut.

1 EU-SILC-Zahlen 2023, Statistik Austria
2 Eurostat – BIP pro Kopf, 2023

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